Soziologische Grundbegriffe

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Soziale Rolle - Diana Holtz

Was ist eine soziale Rolle?

Der amerikanische Soziologe Erving Goffman (*1922, Manville, Atlanta, USA) stellt in seinem Buch: „Wir alle spielen Theater. Die Selbstdarstellung im Alltag“ (München 1983) in einer Analyse dar, wie ein Individuum sich in seinem Verhalten von anderen Individuen abzugrenzen versucht (vgl. Goffman 1983, S. 17). Dazu benutzt er Begriffe und Synonyme aus dem Sprachgebrauch des Theaters:

„Die soziale Welt ist eine Bühne, eine komplizierte Bühne sogar, mit Publikum, Darstellern und Außenseitern, mit Zuschauerraum und Kulissen, und mit manchen Eigentümlichkeiten, die das Schauspiel dann doch nicht kennt.“ (Vorwort von R. Dahrendorf in Goffman 1983)

Die Interaktionen und Reaktionen, die ein Individuum auf Situationen zeigt, bilden die Darstellung (performance). Die Personen, die zusätzlich zur Situation gehören bilden das Publikum oder die Zuschauer. Die sich in den Situationen ergebenden Handlungs- und Verhaltensmuster bilden die Rolle (part; vgl. Goffman 1983, S. 18). Um die Darstellung einer Rolle aufzuführen, bedarf es einem Bühnenbild, einer Umgebung in der sich das Individuum in seiner Rolle zeigt. Dabei stehen vor allem der geografische Ort Vordergrund (vgl. Goffman 1983, S. 23). Er bildet die Fassade. Ergänzend bilden Kleidung, der Geschlecht, das Alter, die Rasse, die Größe, die physischen Erscheinung, die Haltung, Sprechweise, Gesichtsausdruck und Gestik eine persönliche Fassade in der Darstellung.

Identität - Lennart Niebuhr

„Identität entwickelt sich: sie ist bei der Geburt anfänglich nicht vorhanden, entsteht aber innerhalb des gesellschaftlichen Erfahrungs- und Tätigkeitsprozesses, das heißt im jeweiligen Individuum als Ergebnis seiner Beziehungen zu diesem Prozess als Ganzem und zu anderen Individuen innerhalb dieses Prozesses“ (George H. Mead, 2008. Geist. Identität und Gesellschaft. Frankfurt/M., S.177).

Das von George H. Mead gewählte Zitat soll einleitend dazu dienen. die vorliegende Visualisierung des Begriffes der Identität besser verstehen zu können. Objekt der Darstellung sind hier ausgewählte Fans des Fußballvereins FC St. Pauli, wobei der gewählte Verein nichts weiter mit der visuellen Darstellung der Identität an sich zu tun hat. Die acht Fotografien zeigen Fans, die sich weitaus mehr mit dem Verein durch ihr äußeres Erscheinungsbild identifizieren als der „gewöhnliche Stadionbesucher". Die so genannten ..Kuttenträger" zeichnen sich durch ihre entweder aus Leder oder Jeans individuell gestaltete Weste (die Kulte) aus. Im Fokus der Betrachtung der Fotografien sollen somit Embleme, Symbole und generell die Gestaltung der „Kutten" stehen. Auch wenn es um den Begriff der Identität geht, wurde vermieden, Gesichter der Fotografierten zu zeigen. Das Augenmerk soll auf der Gestaltung der Bekleidung liegen, da diese individueller Ausdruck von Identität der einzelnen Personen ist. Die Gestaltung der Bekleidung ist hier die Visualisierung des von Mead genannten Erfahrungs- und Tätigkeitsprozesses der Individuen durch die Individuen selber.

Form der Darstellung ist in diesem Fall ein Leporello mit einem Deckblatt, welches sich inhaltlich von den weiteren Fotografien abhebt. Zu sehen sind auf ihm eine Masse von Fußballfans in einer Kurve. Die einzelnen Individuen verschwinden in der Masse. doch trägt jedes von ihnen eine eigene Identität. Dies soll in den folgenden Fotografien verdeutlicht werden. Aufgeklappt lassen sich die einzelnen Fotografien als eine Gesamtheit betrachten. Wobei auch hier die letzte Fotografie bewusst gewählt als Pendant zum Deckblatt die Identität des Individuums darstellt. welche aus dem Fluss der Masse eben durch die Gestaltung seines Auftretens auffällt. Es scheint. als wäre die gesamte Erscheinung Ausdruck seiner Identität.

Herrschaft - Jan Hendrik Gödecke

Meine Arbeit an diesem Projekt begann direkt, nachdem wir die Begriffe verteilt hatten, da ich schnell merkte, dass ich mir unter Herrschaft etwas anderes vorgestellt hatte. Dieser Fauxpas meinerseits ärgerte mich etwas. Ich merkte nämlich schnell in den ersten Überlegungen, dass ich Herrschaftstheorien im Alltag als nicht offensichtlich wahrnehme und ich mir daher einer aufwendigen Forschungs- und Arbeitszeit bewusst wurde. Ebenfalls fand ich den Begriff im Laufe der ersten Wochen nach Bekanntgabe wenig inspirierend, da hätte ich mir tatsächlich einen offensichtlicheren und einfacheren Begriff gewünscht Nach einigen Wochen dachte ich mir dann, dass an Max Webers dreigeteilter Herrschaftstheorie nichts vorbeiführt, was sich für mich daraus ergab, dass ich für andere Theorien keine kreative bzw. befriedigende Umsetzungsmöglichkeit sah. Für Max Webers Theorie, aufgeteilt in legale, charismatische und traditionale Herrschaft, wollte ich dann einfach drei Fotos abgeben, die jede dieser Formen im Alltag in einem Foto auf den Punkt bringen. Nachdem ich für legale Herrschaft, die uns zum Großteil umgibt, ein befriedigendes Foto geschossen hatte, arbeitete ich an den anderen beiden. Die Zeit verging und auch die Lust und Inspiration, denn ich fand keine Motive, Situationen, Orte o.ä., die mir ein Foto lieferten, dass mich selbst „vom Hocker haute“. Und so ging die Suche weiter. Ich fotografierte in den letzten 2 Monaten sehr viel für meine Verhältnisse (jeden Tag), doch immer wenn ich die Fotos auswertete stellte ich fest, dass das mit traditionaler oder charismatischer Herrschaft wenig bis nichts zu tun hatte. Dafür entwickelte sich in der Zeit eine andere Idee, woraus sich ergab, dass ich mir eines Tages dachte: Wenn ich charismatische und traditionale Herrschaft nicht sehe, dann muss ich sie auch nicht fotografieren. Denn im Laufe der „Forschung“ empfand ich Herrschaft im deutschen Alltag als etwas Subtiles. Noch viel subtiler als es bürokratische Ausprägungen sein können und so subtil, dass man es auf den ersten Blick gar nicht mit Herrschaft in Verbindung setzt. Ich spreche vom Geld. Geld beherrscht unseren Alltag. Egal ob man reich oder arm ist, wir brauchen Geld um unseren Alltag zu bestreiten und unser Überleben zu sichern und zwar — da wird es jetzt interessant — im Rahmen der legalen Herrschaft. Geld ist für mich letztendlich eine Institution legaler Herrschaft. Diese Überlegung reifte in mir und wurde auch immer wieder stark kritisiert, da ich es zwischendurch als zu abstrakt empfand.

Doch genau das war es, was ich tun wollte. Etwas Abstraktes, Kunst, die nicht nur schön ist, sondern den Betrachter zum nachdenken anregt. Wenn man meine Fotos sieht, soll man nachdenken und nicht nach einer Sekunde sagen: „Ich hab’s kapiert, Voll die gute Idee, Voll offensichtlich.“

Zum Ende dieses Textes würde ich gerne noch exemplarisch kurz meine (Gedanken hinter zwei Bildern erläutern, Das Foto „Polizei“ steht für die exekutive Institution der deutschen Demokratie (der legalen Herrschaft), Die Polizei ist bürokratisch organisiert und somit der Rationalität verpflichtet, trotzdem kommen immer wieder Abweichungen dieser Norm an die Öffentlichkeit. Das wollte ich verdeutlichen, indem auf dem Foto eine anonyme, dunkelblaue Masse steht, die dem Betrachter eher ein {ängstliches (Gefühl geben als dass der Sicherheit, wie es die Polizei als „Freund und Helfer“ gerne ausschließlich vermitteln möchte. Denn letztendlich war die Polizei ja auch in der von mir fotografierten Situation dafür da, für Sicherheit zu sorgen, aber das martialische Auftreten wirkt einschüchternd und beängstigend, was sich mit meiner Auflassung von Demokratie nicht deckt. Das Foto „Himmel“ zeigt die Herrschaft des Menschen über die Natur, das sollen die Flugzeuge und der Hubschrauber verdeutlichen. Dazu habe ich vor kurzem sogar einen theoretischen Hintergrund gefunden, sowohl Marx und Engel, Max Weber (Entzauberung der Welt) und Descartes schreiben über die Beherrschung des Menschen über die Natur.